Es war ein aufregender letzter Tag in Kyoto gewesen. Das Wandeln auf Nishitas Spuren und das An-schnuppern seines west-östlichen Philosophierens. Der gegen alle Widerstände doch noch erlebte Fishimashi Insari Schrein. Der aufregend schöne Anstieg durch diese 1000 von Torii in der Dunkelheit und so vieles mehr, was gar nicht alles festgehalten werden kann, die kleinen Begebenheiten und Beobachtungen am Rande. Aber es hieß Abschied nehmen. Und so machte ich mich am frühen Morgen wieder auf den Weg in Richtung des ungeliebten, undurchschaubareren Hauptbahnhof. Natürlich wusste ich
inzwischen, wie ich zu den Shinkansen Zügen kam. Ich wusste, wo die Baustellen und Umleitungen mich ausspucken würden, ich kannte den Stadtplan. Hatte ich endlich begriffen, wie die Dinge zu handhaben waren, dann musste ich abreisen.
Völlig selbstverständlich ging ich also zu meinem Bahnsteig, wo mich der HIKARI 462 um 9:56 nach Mishima bringen würde. Der Zug verließ die von Bergen umgebene Stadt durch viele Tunnel.
Es hatte zwei sehr versierte und nette Angestellte des JR-Travel Offices vor einigen Tagen, ohne Übertreibung, mehr als eine Stunde gekostet, die richtige Verbindung für mich ausfindig zu machen. Es waren eine Dame und ein älterer Herr, die die Auskunftsplätze für englischsprachige Touristen besetzten. Eigentlich hatte ich bei dem älteren Herren am Schalter gestanden, der hatte aber seine Kollegin einschalten müssen, und später wurden auch noch die nicht englischsprachigen Schalterbeamten hinzugezogen, denn, der Fall lag wirklich nicht einfach.
Für meinen Aufenthalt am höchsten Berg Japans, am Mount Fuji, hatte ich mir einen Ryokan ausgesucht. Wenigstens einmal wollte ich auf traditionell japanische Weise übernachten. Dieser Ryokan lag an einem der 5 Seen, einer beliebten Ferienregion am Fusse des 3776 Meter hohen Berges. Ich hatte mir diesen Ryokan ausgesucht, da er besonders traditionell und dennoch auf Touristen eingestellt sein sollte und ein gutes Essen anbieten würde. So etwas gehört in einem Ryokan zum Angebot dazu. Und schon einige Monate vor meiner Reise bangte ich, ob mein Rücken das Schlafen auf dem Boden und das auf den Knien sitzen beim Essen mitmachen würden. Ebenfalls schon viele Monate vor meinem Reiseantritt stand ich in regem Mailverkehr mit der japanischen Familie, die am liebsten schon im Mai gewusst hätte, wann ich ankam und wann ich mein Abendessen einnehmen wollte. Man muss wissen, dass nicht nur die Bahn in Japan pünktlich und genau funktioniert. Es ist eine Grundeigenschaft der Japaner alles punktgenau zu planen und auch einzuhalten. Wir näherten uns im Laufe der Monate an, denn immer konkreter wurde mein Reiseplan.
Jedenfalls lag das von mir ausgesuchte Ryokan in einer derart abgeschiedenen Gegend am Rande des Fuji, dass es nicht einmal für die kundigen JR – Angestellten möglich war, den Weg dorthin, einfach so zu finden. So hatten mir die beiden, – denen ich später noch eine weihnachtliche Schokolade für Ihre Mühen vorbeibrachte – aufopferungsvoll und ausdauernd geholfen, den Reiseplan auszutüfteln Und so kam es eben, dass ich zunächst mit dem JR-Zug bis nach Mishima fahren konnte. Dort musste ich dann den Bus bis zum Yamanaka See nehmen, und von dort schien es kein Weiterkommen zu geben – außer vielleicht ein Taxi, wenn es dort in der Abgeschiedenheit denn überhaupt welche gab. Die beiden versuchten es auf verschiedenen Anfahrtsstrecken, aber es blieb dabei, ich konnte nur bis zu diesem See kommen. Zu guter Letzt riefen sie im Ryokan an, und man beteuerte, dass man mich, sobald ich von dort angerufen habe, eben an dieser Bushaltestelle abholen würde. Es sollte irgendwo in der Nähe der Haltestelle einen öffentlichen Münzfernsprecher geben.
Also saß ich nun sehr entspannt im Shinkansen. Anders, als auf den Strecken bisher, war dieser Hikaru voll besetzt. Meist handelte es sich um Angestellte und Geschäftsleute aller Art. Sie schliefen oder klimperten auf Ihren Laptops. Ich glaube, dass Bahnfahren in Japan noch einmal mehr Tradition hat als bei uns. Bei der Pünktlichkeit der Züge kann man das auch gut und gerne zur Gewohnheit werden lassen.
In Mishima angekommen brauchte ich eine ganze Zeit, bis ich den Bus gefunden hatte. Vorsorglich hatten mir die beiden JR-Leute in Kyoto sowieso nicht den Bus ausgesucht, für den ich nur 5 Minuten ab Ankunft gehabt hätte, um ihn zu finden, sondern einen späteren. Aber genau diesen frühen erwischte ich. Er war tatsächlich nicht pünktlich weggekommen. Schnell hiefte ich meinen schweren Koffer, getreu dem Motto selbst ist die Frau, in eines der geöffneten Gepäckfächer im Bauch des Busses. Dann stellte ich mich in der langen Reihe an, die auf den Verkauf der Fahrkarten durch den Busfahrer warteten. Man ließ mich sogar den Verkauf durch eine Frage unterbrechen, nämlich ob mein Koffer denn auch im richtigen Bus sei; das wurde mir irgendwie so ungefähr bestätigt. Ich erkannte jedenfalls einige Worte und Details wieder, die irgendwie zu meinem Reiseplan passten und dann saß ich auch schon in dem modernen Bus mit Fernsehen und Free Wifi – das ich allerdings nicht in Gang brachte. Es gab nur eine japanisch geschriebene Gebrauchsanweisung.
Nun ging es nochmals knapp 2 Stunden per Bus durch die leider völlig in Nebel und tiefhängenden Wolken getauchte Landschaft. Natürlich hatte mich der Schönwettergott genau in dem Moment verlassen, wo es darauf angekommen wäre, dass er Sonnenschein bereithält. So sehr hatte ich gehofft, den Fuji sehen zu können. Aber das wusste ich nicht zu Letzt aus Doris Dörries Film „Kirschblüten Hanami“, dass es einem dieser, für die Japaner als heilig geltende Berg, nicht leicht machte. Er kann sich oft tagelang, ja wochenlang zieren, bis er dann unerwartet seine volle Schönheit preis gibt. An diesem Anfahrtstag sah es eher so aus, als wolle er sich nicht nur nicht zeigen, sondern auch noch 10 Schichten Nebel und Wolken darüber packen. Vorsorglich hatte ich mich schon genau darauf eingestellt. Zu häufig kam es vor. Und so fuhr ich, die kleinen Orte bestaunend, durch die der Bus hindurchmusste, immer näher auf ihn zu, wissend, dass er hinter dieser Mauer aus Nebel und Wolken majestätisch und stolz stehen würde. Es wurde immer ländlicher und auch ein Stück alpiner, denn der Bus musste sozusagen auch über kleine Vorgebirgsstraßen.
Am See angekommen, wehte ein sehr kalter Wind. Der See liegt auf ca. 980 m Höhe bereits im Fuji-Hakone-Izu-Nationalpark. An der Bushaltestelle war es entsprechend ungemütlich kalt wenn auch mit schönem Blick auf den See. Zwei ältere japanische Damen waren mit mir ausgestiegen und schienen, so wie ich, auf die nächste Transportmöglichkeit zu warten. Ich ließ meinen Koffer also an der Bushaltestelle stehen und schwirrte einmal in alle Richtungen aus, um den Münzfernsprecher zu finden. Ohne Erfolg. Ich versuchte die Damen zu fragen, die jedoch kein Englisch sprachen. Die alt bewährte Hände und Füße – Methode half mir dann zu einem Handy. Dies hatte mir eine der beiden Damen vertrauensvoll in die Hände gedrückt. Überrascht und mit zweifelnden Blick nahm ich an. Sie nickte nochmals verschmitzt lächelnd als ich die Nummer des Gasthauses wählte. Siehe da, die Tochter meldete sich – sie sprach ein einigermaßen gut verständliches englisch und versprach mir, sofort zu kommen, um mich abzuholen. Ich hoffte, mit der zweistündig verfrühten Ankunft würde ich nicht ihre ganze Woche durcheinandergebracht haben.
Mit vielen Verbeugungen und Dankesbezeugungen gab ich der Dame das Handy zurück. Ein fragender Blick zu mir hochgerichtet, bedeutete mir soviel wie: „…und Erfolg gehabt? Ich nickte. Man kann sich nicht vorstellen, wie freudig diese Dame lachte und ihrer Begleiterin, obwohl diese ja dabeigestanden hatte, die Erfolgsgeschichte nochmals zu erzählen schien. Sie freuten sich riesig, dass mir einsamen gaijin, – so nennen die Japaner die Fremden, die nicht aus ihrem Kulturkreis kommen – ,anscheinend geholfen werden konnte und ich schon bald nicht mehr so alleine herumstehen würde. Das muss Ihnen eine unerträgliche Vorstellung bereitet haben, ich könnte hier in der Kälte mutterseelenallein stehen bleiben.
Als erstes kam der Wagen, der die beiden Damen einlud, die mir noch heftig und herzlich zum Abschied winkten, und dann kam auch schon Amano schneidig um die Ecke gebogen. . Sie war sozusagen die Juniorchefin des Gasthauses und ich . Sie sei einmal in Kanada gewesen, berichtete sie mir, während der kurzen Fahrt zum Ziel.
Enttäuschung machte sich bei mir breit, als wir am Ryokan angekommen waren. Insgeheim hatte ich mir vorgestellt, er läge am See. Das tat er nicht, sondern mitten in der Pampa umgeben von einer Autoreparaturwerkstatt mit dazugehörigem Schrottplatz und einigen anderen Gebäuden. Hoffnungsfroh hatte ich von zu Hause ein Zimmer mit Fujiblick gebucht und nun würde ich nur auf eine dicke Wand von Nebel schauen und einige kahle Baumwipfel.
Amano zog meinen Koffer aus dem Wagen und forderte mich auf ihr zu folgen. Wir betraten das Haus, und wie es üblich ist, musste ich meine Stiefel gleich am Eingang ausziehen. Die Plastikpantoffeln für den nächsten Schritt standen schon in großen Mengen parat. Ich schlüpfte hinein und schlurfte weiter hinter ihr her. Anders als schlufernd lässt es sich in diesen sehr rutschigen Fussbedeckungen nicht ohne Gefahr des Stolperns vorwärtsbewegten. In den Hausflur eingetreten, kam der noch junge Vater, nahm den Koffer ab, der bisher nichts an Gewicht eingebüsst hatte, – eher ein paar Gramm mehr – und stemmte ihn vor sich her tragend die nicht gerade breite Treppe nach oben in den ersten Stock. Amano zeigte mir das Haus und machte die Termine mit mir. Es wurde genau festgelegt um wie viel Uhr man mir das Abendessen und wann das Frühstück servieren würde. Sie zeigte mir die Bademöglichkeiten im hauseigenen Sento, was einem Gemeinschaftsbad entspricht und wie ich dort durch Umdrehen des Schildes an der Tür, auf meine Privatsphäre herinnen bestehen konnte. Der ganz Raum schien nicht beheizt zu sein, und die blauen Kacheln der Wannen strahlten schon beim Hinsehen sehr viel Kälte aus. Zwar würde ich, sollte ich mich zur Nutzung hinreisen lassen, dann im heißen Wasser liegen, aber wenn ich rauskäme, stände ich in der Kälte. Und nur daran zu denken, ließ mich schon innerlich erfrieren. Kälte sollte in den nächsten 20 Stunden tatsächlich auch noch ein Thema für mich werden.
Wir gingen die enge Treppe hinauf und vor meinem Zimmer entdeckte ich dann auch das Schild mit meinem Namen. Wieder galt es die Pantoffeln zu wechseln. Amano zeigte mir die Aufteilung des Zimmers und ich muss sagen, mir gefiel es. Sie zeigte mir, wie man sich auf den Boden setzt, an den Tisch, der gleichzeitig auch als Schreibtisch diente und wie gemütlich es sei, wenn man die über den Tisch ausgebreitete Heizdecke anmachen würde. Stimmt, dacht ich, hier könnte ich sitzen und ein bisschen Schreiben, allein mein Rücken, der würde ein gewisse Stütze nach hinten gebrauchen können. Nun zeigte sie mir noch die gebuchte Aussicht auf den Fuji. Ich schaute in den Nebel und nickte. Ja, ja, ich würde den erhöhten Preis für den Fujiblick nicht reklamieren, nur weil sich ein paar Wolken davor geschoben hatten. Ich blickte aus dem Fenster durch die kahlen Bäume und konnte wieder diese und jene kleine Firma sehen. Ein bisschen wirkte die Gegend auf mich, wie ein verträumtes Industriegebiet. Im Garten zeugte ein verlassener Swimming Pool von wärmeren Zeiten und der Gedanke lag nicht fern: Das ein Aufenthalt hier, vermutlich etwas angenehmer, im Sommer sei. Als Amano gegangen war, versuchte ich meine Sachen in dem großzügigen Raum zu verstauen.
Die Daunenjacke traute ich mich nicht auszuziehen. Es war entsetzlich kalt. Der Raum war nicht geheizt, und der Ofen, den ich anmachen konnte, hatte den Hinweis: Wenn das Kerosin aufgebraucht ist, bitte die Aircondition zum Heizen nehmen. Diese AC, hatte mir Amano erklärt, hätte sie schon mittags angemacht, um es warm für mich zu machen. Die Wirkung dieser AC war gleich Null, wenn man sich die vor Kälte blauen Finger anschaute, die ich hatte. So ungefähr übersetze ich die Hinweise und wollte mir deshalb den Ofen etwas aufsparen für die Nacht, wenn es vermutlich noch einmal kälter wurde.
Das es so kalt war, war denn auch kein Wunder. Die Wände mit ihren Schiebetüren, die einfach nur mit sogenannten Washi (handgeschöpftes japanisches Papier) bespannt waren hielten kaum etwas fern. Die Fensterrahmen waren undicht, wie überhaupt das Haus nicht einen Hauch von Dämmung hatte. Es war ein besserer Pappmachè Karton. Als erstes versuchte ich es unter der Heiz(tisch)decke. Das war gemütlich. Nur der Rücken, der verdammte Rücken blieb kalt, es zog schon verdächtig im LWS Bereich und, was hinzukam, es gab keine Stütze für den Rücken. Wenn man die Beine ausstreckte, – man konnte sie ja unter dem niedrigen Tisch nicht aufstellen, – dann fehlte es entweder an Bauchmuskulatur oder einer Lehne.
Also versuchte ich es in einem der Armsessel. Die wiederum standen am Fenster und irgendwie wunderte es mich, dass ihre Rückseite nicht mit einer Eisschicht überzogen war. Meine Nebenhöhlen ächzten schon. Ok, ich würde mich auf meinen Bodenfuton legen unter die dicke Decke. Eigentlich hatte ich ein bisschen Schreiben wollen, aber das wurde so nichts. Das Bett war klamm. Ich machte dann doch den Ofen an. Der heizte aber gerade einmal die Schneise, in die er blies. Es war eine Crux. Einen Spaziergang in dieser Gegend zu starten, schien mir auch nicht wirklich unterhaltsam und eine Dusche, würde ich in dem völlig eisig kalten Badezimmer auch nicht nehmen, egal wie heiß das Wasser werden könnte. Es wurde ein Survival Training, wobei im Bett, mit dem Ofen, der in diese Richtung blies, war es dann auszuhalten und ich schlief sogar ein bisschen ein. Das Abendessen, auf Knien, auf das ich schon sehr gespannt war, war für 18:30 Uhr verabredet. Amano hatte mir gezeigt, welchen Kimono ich anziehen sollte. Da es die kalte Jahreszeit sei, sagte Sie, sei mir erlaubt einen Mantel darüber zu ziehen. Der leichte Kimono, den man dann Yukata nennt, war problemlos anzuziehen. Nur der Obi, der Gürtel machte mir Probleme. Wofür gab es Internet. In einem Schnellkurs lernte ich das Binden und Anlegen des Obi.
Pünktlich stand ich unten im Flur vor der Küche. Ich schaute in den Aufenthaltsraum, in dem es aber nur normale Tische und Stühle gab. Dort war ein Gedeck aufgelegt. Schon kam auch Amano aus der Küche gelaufen. Sie wies mir genau diesen eingedeckten Platz mit westlicher Bestuhlung an. Ob ich das nun bedauern sollte, oder mich freuen, das würde ich nun nicht herausfinden. Es wäre schon eine arge Strapaze gewesen, während eines ganzen Abendessens auf den Knien zu sitzen.
Aber das Essen, dass Sie servierte und zu dem es auch nur die gewöhnlichen Stäbchen gar, war überragend gut. Sie hob die kleinen Deckel und erklärte mir alle Speisen ganz genau. Man spürte, das alles mit sehr viel Liebe zum Detail hergestellt worden war. Alles war in sehr kleinen Portionen angerichtet und es machte Freude alles einfach auszuprobieren. Ich bedauerte es sehr, dass ich vor lauter Anzieh- Zeremoniell den Fotoapparat vergessen hatte. Die vielen verschiedenen Speisen, angefangen von einer Suppe und einem Lachssalat bis hin zu einem Kuchen zum Abschluss, sahen nicht nur sehr appetitlich und gut aus, sie schmeckten auch hervorragend. Ich aß fast alles auf und trank den grünen Tee dazu, den ich immer wieder mit heißem Wasser aufgießen konnte. Ich hatte mich entschieden kein weiteres Getränk dazu zu bestellen. Wer weiß, ob Sie es vorrätig gehabt hätten. Es sah nicht danach aus, dass jetzt im Winter viele Gäste im Haus waren. Gut gesättigt und aufgewärmt vom warmen Speiseraum, ging ich wieder in mein japanisches Kältezimmer. Der Ofen hatte nun doch einen Hauch von Wärme entstehen lassen. Mit einer Katzenwäsche brachte ich das abendliche Reinigen und Zähne putzen hinter mich. Dann sah ich zu, dass ich schnell wieder unter die Decke kam. Wie gut, dass ich vorgesorgt hatte und sich eine Wärmflasche in meinem Koffer befand. Ich kann mir keinen Moment vorstellen, wo ich sie mehr gebraucht hätte. Mit dem kleinen Wasserkocher hatte ich mir sehr heißes Wasser zubereitet und das lies es nun unter der Decke richtig gemütlich werden.
Ich muss vermutlich nicht erwähnen , dass die Nacht auf diesem dünnen Futon auf dem harten Boden keine geruhsame war. Immer wurde ich wach und spürte alle meine Knochen. Irgendwann wurde es heller draußen. Und in gewissen Abständen lief ich hoffnungsvoll ans Fenster. Aber er wollte nicht. Am frühen morgen gab es dann ein kleines Fenster in der Wolkendecke, da ließ er mich dann ein kleines Stück seines Bauches sehen. Dieses Fenster verschob sich hier und da. Mehr war nicht drin.
Sei`s drum. Ich hatte die Nacht im Ryokan überlebt ohne zu erfrieren. Hatte gelernt wie man einen Obi bindet, und vermutlich das köstlichste japanische Essen genossen, dass man sich nur vorstellen kann. Auch für das Frühstück hatte ich mich zu der japanischen Version entschieden und es keine Sekunde bereut. Wiederum erhielt ich ein Tablett voller Köstlichkeiten, erhielt, was wohl als ein Entgegenkommen dem westlichen Gast gegenüber war, frischen gefilterten Kaffee und frischen Tee dazu. Auch hierbei gab es eine Reihe kleiner Gerichte, zu denen auch Spiegeleier auf Gemüse mit Tofu gehörte eine Miso Suppe und Reis. Es war ein echter Genuss schon am frühen Morgen.
Eigentlich sollte am Vormittag Zeit für einen Spaziergang sein. So hatte ich mir das vorgestellt, am Ufer des Sees entlang, am Fuße des heiligen Bergs. Daraus wurde nichts, dass ließ ich nochmals ausfallen. Schon um 10 musste das Zimmer geräumt sein, und da verstand man in Japan keinen Spaß. 10 Uhr war 10 Uhr. Ammann brachte mich mit dem Wagen wieder zum See und dort stellte ich mich wieder an die selbe Stelle an der ich ausgestiegen war. Zeit war reichlich vorhanden und dieses Mal lernte ich an der Haltestelle ein Ehepaar aus Melbourne kennen. Wir hatten ausreichend Zeit uns unsere Reiseerlebnisse zu erzählen und fanden viele gemeinsame Erlebnisse. Peter und Sue kamen häufiger nach Japan und hatten dieses Mal ebenso wie ich während ihres Aufenthalts kein Glück mit dem Fuji gehabt. Sie gaben mir Tips für Australien und luden mich zu sich ein. Leider genau an den beiden Tagen, an denen ich in Melbourne sein würde gab es ein großes familiäres Ereignis, eine Hochzeit, an der Sie teilnehmen mussten; und zu Silvester würde ich längst in Sydney sein. Schade, beteuerten Sie, zu gerne hätten sie mich wiedergesehen. Wenn ich irgendwie Hilfe oder Rat bräuchte, während meiner Zeit in Melbourne, dann könne ich sie jederzeit anrufen. Am Bahnhof in Mishima trennten sich unsere Wege, sie fuhren nach Kyoto, von wo ich gekommen war und ich fuhr weiter nach Tokyo, woher sie gekommen waren. So ist das beim Reisen, Frau bleibt nicht allein. Immer gibt es Gelegenheiten nette Menschen kennen zu lernen , und meist sind sie so, wie man selbst: immer gerne auf Reisen. Mit dem Adresszettelchen im Portmonai stieg ich in den Zug nach Tokyo ein. Es würde ein Kontrastprogramm für mich sein und eine allerletzte Chance, von ganz weither den Fuji, vielleicht doch noch einmal zu sehen. Würde das auch nichts werden, blieben mir auch weiterhin nur die vielen Fotos und Gemälde. Gilt doch der Fuji den Japanern als liebstes Motiv und das auch schon seid vielen hunderten von Jahren.
Dieser Inhalt ist registrierten Benutzern vorbehalten. Bitte logge dich ein, oder registriere dich.