Was soll man über das Paradies schreiben? Vier Tage bin ich nun schon hier und „meditiere”. Es ist das Wort, wie es mir scheint, das alleine den Zustand trifft, in dem man hier so seine Tage verlebt. Ausruhen wäre zu behäbig und hätte zu wenig Farbe, zu wenig Musik. Tiefgreifendes sinnieren fällt schon auf Grund der Hitze, es ist meist um die 34° C ziemlich flach. Ich stiere halt so vor mich hin, vom Balkon meiner Beachvilla auf die blau türkisfarbene Lagune und der Wind zaubert sanfte Melodien in die Blätter und Palmwedel.
Ab und zu springe ich hinein. Wenn ich dann so ganz ruhig da sitze, oder zur Abwechslung auch mal auf der bequemen Liege fläze, kann ich die Vögel beobachten, wie sie geduldig auf ihre Beute warten. Aber auch die Vögel sind meist nur in den Morgen- und Abendstunden aktiv. Während der Mittagshitze lassen sie sich bestenfalls einmal von einem springenden Fisch animieren.
Hin und wieder kommen auch ein paar Menschen vorbei. Selten laufen Sie, meist haben sie einen fahrbaren Untersatz. Was immer sie aber tun, sie tun es mit sehr viel Ruhe und Gelassenheit. Unangestrengt, fast ein bisschen spielerisch, achtsam bewegen sie sich langsam vorwärts, immer aber in meinen Augen malerisch. Die Langsamkeit überträgt sich auf mein Tun. Ohne schlechtes Gewissen erfahre ich den Begriff der “Entschleunigung” in seiner scheinbaren Urform.
Das Schnorcheln, zu dem auch ich mich hin und wieder hinreißen lasse, ist nur bedingt ergiebig. Den einen oder anderen schönen Fisch konnte ich sehen, aber es ist nun mal ein Atoll und ich schnorchle in der Lagune. Mit der Zeit kenne ich die Plätze an denen sich die schönsten Fische aufhalten. Das aufregendste Meerestier das ich sehe, ist eine Seeschlange. Glücklicherweise ist mir in diesem Moment, wo ich die mindestens 2 Meter lange Seeschlange unter mir liegen sehe, noch nicht bekannt, wie giftig diese Tiere sein können. Morgens nehme ich das unter dem Haus für mich bereit liegende Kajak und gleite, gleichmäßig die Ruder durchs Wasser ziehend, weit hinaus. Es ist fast so wie meditieren und wird deshalb auch zu meinem bevorzugtem Zeitvertreib auf dem Wasser. Bis ganz dicht an die Riffkante traue ich mich so alleine nicht. Selbst Schuld! Ich hätte zu einem Spezialpreis, den Menema mit einem ortsansässigen Bootsbesitzer und Guide ausgehandelt hat, von diesem mit einem Boot als alleiniger Passagier auf das One Food Island gebracht werden können. Dort sollen die Schnorchelgründe ebenso bunt und paradiesisch sein, wie das Leben über Wasser. Leider wollte ich sparen und habe abgelehnt. Schon der einstige Kaiser und Philosoph Marc Aurel hatte es schließlich gewusst: Man bereut nie das, was man getan, sondern immer nur was man nicht getan hat. (Ausserdem muss ich nun tatsächlich nochmal nach Aitutaki kommen. 😉
Angekommen bin ich, wie erwähnt, vor 4 Tagen mit der kleinen Propellermaschine der Air Rarotonga. Fasziniert hatte ich bereits aus dem kleinen Fenster der Maschine auf die türkis und smaragdgrün schimmernde Lagune und die kleine Insel gesehen.
Der Flughafen, den die Amerikaner während des II Weltkriegs als Stützpunkt etwas überdimensioniert für die nicht einmal 20 qm große Insel bauten, empfängt seine Besucher in einer Ankunftshalle, die nicht viel größer als ein kleines Einfamilienhaus – nach unseren Maßstäben – ist.
Angekommen auf Aitutaki mussten neben mir auch die anderen Fluggäste feststellen, dass viele der einheimischen Ankömmlinge zu weinen begannen. Das taten sie nicht alleine. Auch die, die sie abholten weinten mit ihnen und man lag sich lange schluchzend in den Armen. So, als kämen sie auf Heimaturlaub von sehr langer Fahrt oder irgend einem unsinnigen Krieg. Etwas verdutzt schauten sich die erwartungsfrohen Feriengäste, unter denen nicht wenige Deutsche waren, ratlos an. So stand ich also unter den weinenden Menschen herum, überzeugt davon, dass meine Vermieter, mit denen ich gestern von Rarotonga aus noch telefoniert hatte, mich abholen würden. Aber es tat sich nichts. Die herzergreifende Szenerie beobachtend, blieb ich zwischen den weinenden Menschen stehen und wartete. Irgendwann sprach mich eine der einheimischen Frauen , die ein leuchtend gelbes Kleid trug, an und fragte, wo ich denn hingehöre. Kaum hatte ich den Namen meines Beachhouse`s genannt, zog sie mich auch schon zu einer unweit stehenden Insulanerin. Diese war dann tatsächlich die Person, auf die ich geduldig hatte warten wollen ,und jetzt schaute sie wiederum verdutzt auf mich, dann lächelte Sie und sagte, „sorry, I expected a couple”. Irgendwie hatte sie vorausgesetzt, dass auf dieser so beliebten Hochzeits- und Flitterwochen Insel, nur ein Pärchen ankommen könne. So war sie schon etwas verzweifelt, als ein solches unter den Gästen nicht mehr zur Verfügung stand. Inzwischen herzlich über sich selbst lachend , hängte sie mir kurzerhand zwei der „ei`s“ um. Wundervoll duftenden Blumenkränze die traditionell als Zeichen des Willkommens für die Touristen gedacht sind.
„ Welcome in our paradise“, sagte sie mit warmer Stimme, und ab jetzt konzentrierte sich ihre ganze Aufmerksamkeit auf mich. Sie erläuterte mir, dass das Kofferband aus dem Transportwagen bestand, auf den man die Koffer aus dem Flugzeug ausgeladen hatte. Dieser wurde vor den Eingang gefahren, und dann konnte sich jeder seine Koffer runternehmen. Also schritt ich in Richtung des Koffertransportwagens. Sofort kam Menema, so hieß mein Engel hier im Paradies, hinzu gerannt, und ab diesem Moment ließ sie mich, meinen Protest überlächelnd und überhörend, rein gar nichts mehr selber machen.
Auf der Fahrt zum Haus erfuhr ich es dann, warum die Menschen geweint hatten. Ein Einheimischer hatte den Flug im Sarg liegend antreten müssen, ein ehemaliger „Cop”, wie Menema sagte. Er sei überaus angesehen und sehr beliebt gewesen; er war in Australien gewesen und sei dort gestorben und nun, wie kann es anders sein, habe seine Familie ihn in der Heimat begraben wollen. Das leuchtete mir ein. Schließlich, dachte ich so bei mir, erhoffen sich das nicht wenige Menschen, nach dem Tod ins Paradies zu kommen.
Die Fahrt nutzte sie aber auch, um mich auf die verschiedenen kleinen Restaurants und Tante -Emma Läden hinzuweisen, in denen ich – „walking distance“ , wie sie betonte, entweder Breakfast, Lunch oder Dinner würde einnehmen können, oder mich mit Lebensmittel versorgen, um selber zu kochen. Ehe ich mich versah, bogen wir dann auch schon ab und fuhren auf ein gepflegtes Rasengrundstück. Da war sie, meine Beach Villa. Traumhaft gelegen, noch keine 10 Meter vom türkisblauen Wasser entfernt und weit und breit kein Nachbarhaus. Wir zogen, was für die Maori selbstverständlich ist, die Schuhe aus und betraten das schmucke und sehr saubere Beach Haus.
Menema hatte bereits für mich eingekauft. Da gab es einen Korb mit Bananen und ein Paket mit Brot. Im Kühlschrank befanden sich Wasser, Joghurt, Butter und zwei Kokosnüsse, von der Sie nun eine öffnete, den Strohhalm reinsteckte und mir freudestrahlend in die Hand drückte.
Beglückt von so viel Herzlichkeit nuckelte ich aus der köstlich kalten Nuss. Auch der Schrank war gefüllt mit einigen Vorräten, und so fehlten mir nur noch Eier und ein bisschen Gemüse, dann würde ich es hier sehr lange aushalten, ohne das Haus überhaupt verlassen zu müssen. Kaum hatte ich die Eier erwähnt, fuhr Sie mich auch schon ruck zuck in den Hauptort der Insel Arutanga und in einen Einkaufsladen – irgendetwas zwischen Tankstelle und landwirtschaftlichem Handel -, in der Nähe des verträumten Hafens. Dort gab es allerdings nur Eier, einen einzigen Käse fand ich und eine Flasche Wein aus NZ während Gemüse, Wasser aus NZ oder Konserven nicht vorhanden waren. Fehlanzeige, dafür würde sie mich in einen anderen Laden fahren müssen, die es entlang der Straßen hier und da gab. Ich erwähnte noch, dass es gut wäre, wenn ich ein Auto hätte, damit sie nicht immer fahren müsse, und kaum gesagt, stand sie am nächsten Morgen schon mit einer Bekannten vor der Tür, die mich abholte und mit zu Ihrer Autovermietung nahm.
Neben den sehr teuren Preise für Einfuhrartikel wurde damit mein Reisebudget quasi nochmals stark belastet, aber ich konnte damit auch abends mal zum Essen fahren, tagsüber um die Insel und, ich würde schneller flüchten können, sollte ein Zyklon sich nähern oder es einen Tsunami geben.
Was bleibt mir noch zu berichten, alles ist perfekt. Ich lasse deshalb nur noch Bilder sprechen und gehe mal eine Runde Schnorcheln und abkühlen.
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